In einem von uns erstrittenen Urteil hat die 8. Kammer des VG Köln am 05.09.2016 der Klage eines Elternpaares stattgegeben und die Stadt Bonn zur Aufhebung des Beitragsfestsetzungsbescheides für das Kindergartenjahr 2014/2015 verpflichtet. Zur Begründung führte das Gericht aus, die der Beitragsfestsetzung zu Grunde liegende KiTa-Beitragssatzung der Stadt Bonn sei wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht nichtig, so dass es an einer rechtlichen Grundlage für die Beitragserhebung fehle.
Konkret geht es um die am 01.08.2011 in Kraft getretene Satzung der Stadt Bonn vom 31.05.2010, welche bis zum Inkrafttreten der neuen Beitragssatzung vom 23.06.2015 Grundlage für die seitens der Stadt erhobenen Elternbeiträge war. Die dort in § 3 Abs. 1 und 2 enthaltenen Regelungen seien mit der zum 01.08.2014 vorgenommenen Gesetzesänderung des Kinderbildungsgesetzes NRW nicht vereinbar, wonach Vorschulkinder bei Geschwisterregelungen so zu behandeln sind, als ob für sie ein Elternbeiträge zu leisten wäre. Diese Regelung hatte der Gesetzgeber getroffen, nachdem bis dato Geschwisterkindregelungen, also Regelungen, die bei gleichzeitgier Betreuung mehrerer Geschwisterkinder lediglich eine Beitragserhebung für ein Kind vorsehen, dann keine Anwendung fanden, wenn eines von zwei Kindern als Vorschulkind von der Beitragspflicht befreit war und dies von den Verwaltungsgerichten gebilligt worden war. Diese Rechtsauffassung vertrat die Stadt Bonn auch nach der Neuregelung in § 23 Abs. 5 KiBiz und argumentierte, eine Kombination beider Befreiungstatbestände (Vorschulkind und Geschwisterkind) sehe die Beitragssatzung nicht vor.
Diese Rechtsauffassung sei fehlerhaft, so das VG Köln. Die in der streitgegenständlichen Satzung getroffenen Regelungen würden den höherrangigen Anforderungen des KiBiz nicht gerecht und missachteten die in § 23 Abs. 5 KiBiz vom Landesgesetzgeber vorgesehene Leistungsfiktion für Vorschulkinder. Da die problematische Geschwisterkindregelung in § 3 Abs. 2 der Beitragssatzung der Stadt Bonn nicht isoliert gestrichen werden könne, da dies dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers aller Voraussicht nach nicht entsprechen würde, sei die gesamte Satzung ab in Kraft treten der Gesetzesänderung des KiBiz nichtig, so die Richter weiter. In Folge dessen fehle es an einer rechtlichen Grundlage für die Erhebung von Elternbeiträgen im Kindergartenjahr 2014/2015 und sei die Beklagte verpflichtet, den Beitragsbescheid aufzuheben, soweit dort für des betreffende Jahr Beiträge festgesetzt worden seien.
Vorstehend wiedergegebene Entscheidung des VG Köln betrifft in erster Linie all diejenigen Eltern, welche im Kindergartenjahr 2014/2015 ebenfalls zwei Kinder in städtischen Einrichtungen betreuen ließen, von denen eines als Vorschulkind beitragsfrei war und zu deren Lasten Elternbeiträge für das jüngere Kind erhoben wurden, obschon für dieses Kind auf Grund der Geschwisterkindregelung eigentlich keine Beitragspflicht bestand. Von entscheidender Bedeutung könnte insoweit jedoch sein, ob zeitnah nach Einführung der Neuregelung in § 23 Abs. 5 KiBiz ein Antrag auf Aufhebung der Beitragsfestsetzung für das Kindergartenjahr 2014/2015 gestellt wurde.
Urteil des VG Köln vom 02.09.2016 – 19 K 335/15 hier ansehen
Nachtrag: Nachdem die Auswirkungen des von uns erstrittenen Urteils in den Medien breit diskutiert wurden (WDR und Generalanzeiger berichteten wiederholt) und hierbei immer wieder auch die Frage der Rechtmäßigkeit der aktuellen Satzung aufgeworfen wurde, bestätigte das Familienministerium des Landes NRW schließlich im Rahmen einer vom WDR initiierten Stellungnahme die Rechtsauffassung von Rechtsanwältin Caroline Beyss, wonach auch die aktuelle Satzung der Stadt Bonn für das Kindergartenjahre 2015/2016 sowie 2016/2017 mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei und die in Bonn vorgesehene Regelung zur Elternbeitragserhebung für Geschwisterkinder von Vorschulkindern der Intention des Gesetzgebers widerspreche. Gleichzeitig verwies das Ministerium auf den Umstand, dass das Land keine rechtliche Möglichkeit habe, seine Rechtsauffassung zur Beitragserhebung von Geschwisterkindern, die sich mit der des Verwaltungsgerichts decke, im Weisungswege durchzusetzen. Vielmehr obliege die Ausgestaltung und Festsetzung der Elternbeiträge den Jugendämtern als Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung den Jugendämtern, so dass die betroffenen Eltern (erneut) den Rechtsweg beschreiten und gegen entsprechende Beitragsfestsetzungen vorgehen müssten, sofern die aktuelle Bonner Beitragsatzung in Kraft bleiben sollte. Damit schloss sich das Ministerium dem zuvor von Rechtsanwältin Caroline Beyss im Rahmen der medialen Berichterstattung wiederholt geäußerten dringenden Rat an, dass die betroffenen Eltern selbst aktiv werden müssen mit dem Ziel der Rückerstattung der nach hiesiger Rechtsauffassung rechtswidriger Weise erhobenen Elternbeiträge für Geschwisterkinder von Vorschulkindern. Sofern hier eine außergerichtliche Intervention nicht den gewünschten Erfolg bringt, muss notfalls erneut der Klageweg beschritten und die Satzung zur Überprüfung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit gestellt werden.
Die Stellungnahme des Landes wurde nicht zuletzt in folgendem Artikel des Generalanzeigers aufgegriffen: http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Land‑h%C3%A4lt-Bonns-Kita-Satzung‑f%C3%BCr-rechtswidrig-article3397075.html