Streichung der Ministerialzulage bei Beurlaubung und Zuweisung seitens Telekom AG rechtlich bedenklich!
Beamte erhalten, wenn sie bei einer obersten Bundesbehörde verwendet werden, eine Stellenzulage nach Anlage IX BBesG (Ministerialzulage). Diese darf nach § 42 Abs. 3 Satz 1
BBesG nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktion gewährt werden. Fällt eine Stellenzulage weg, hat der Beamte Anspruch auf eine Ausgleichszulage unter den Voraussetzungen des § 13 BBesG. Für Beamte bei der Telekom AG enthält § 10 Abs. 4 PostPersRG eine Regelung zur Besitzstandswahrung. Beamtinnen und Beamte die bei der „obersten Organisationseinheit der Aktiengesellschaft beschäftigt“ (sind), erhalten die Ministerialzulage weiter. Die Höhe der Zulage ergibt sich aus Anlage IX BBesG.
Problematisch ist die Weitergewährung bei Beurlaubung des Beamten (in allen unterschiedlichen Formen) und Zuweisung nach § 4 PostPersRG, beides Personaleinsatzinstrumente im weitesten Sinne, die im Bereich der Telekom AG an der Tagesordnung sind. Das OVG Münster hat sich mit der Frage beschäftigt, ob nach einer Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV die Zulage weiter gewährt wird und dies verneint. Der Anspruch auf die Zulage sei durch die Beurlaubung ohne Bezüge entfallen und nicht wieder neu entstanden. Diese Entscheidung nimmt die Telekom AG offenbar zum Anlass die Ministerialzulage ab dem 01.03.2014 zu streichen. Dabei sind zunächst einige Aspekte auch im Hinblick auf die Aussagen im Chat zur Neuregelung der Ministerialzulage klarzustellen: Seitens der Telekom AG wird der Eindruck erweckt, als sei man hier zum Handeln verpflichtet. Genau dies ist nicht der Fall, da die Entscheidung des OVG Münster nur zwischen den Parteien bindend ist und auch nur den Fall der Beurlaubung ohne Bezüge betrifft. Die Telekom AG ist an die rechtlichen Grundlagen insbesondere in § 10 Abs. 4 PostPersRG gebunden, nicht an eine Entscheidung des OVG Münster. Soweit der Eindruck erweckt wird, die Entscheidung sei durch eine Klage der Beamtin in die Welt gesetzt worden, ist auch dies nur die halbe Wahrheit, da eine Rückforderung der Ministerialzulage seitens der Telekom AG vorausgegangen war.
Die Entscheidung des OVG Münster ist nur deshalb rechtskräftig geworden, weil die betroffene Beamtin die vom OVG zugelassene Revision zum Bundesverwaltungsgericht aus persönlichen Gründen nicht eingelegt hatte. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Zulassung der Revision in zweitinstanzlichen Urteilen in der Praxis selten vorkommt und daher der Ausgang eines Revisionsverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht als völlig offen bezeichnet werden kann. Zur Zulassung der Revision führ dass OVG Münster wörtlich aus: „Die Revision wird nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 zugelassen, weil angesichts der Vielzahl potentiell betroffener (Post-)Beamter die Frage grundsätzliche Bedeutung hat, ob § 10 Abs. 4 Satz 1 PostPersRG a. F. (jetzt § 10 Abs. 5 PostPersRG) die Gewährung der Ministerialzulage nur für Beamte regelt, die ununterbrochen als Beamte bei der obersten Organisationseinheit einer Aktiengesellschaft als einem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost tätig und besoldet sind. Einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es bisher nicht.
Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die in erster Instanz zuständige 15. Kammer des VG Köln der Klage der Beamtin noch teilweise stattgegeben hatte und zumindest die Beurlaubung – im ausdrücklichen Gegensatz zur Zuweisung — nicht als hinderlich angesehen hat, zeigt, dass hier keinesfalls von einer gefestigten Rechtsprechung ausgegangen werden kann, zumal Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgericht noch nicht vorliegen.
Zu berücksichtigen dürfte auch die besondere Situation der bei der Telekom AG tätigen Beamten sein, deren berufliches Weiterkommen eben teilweise nur über eine Beurlaubung möglich war/ist.
Betrachtet man sich nun die Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 4 PostPersRG, ist in jedem Fall zunächst zu prüfen, ob der Beamte organisationsrechtlich der Konzernzentrale angehört. Auch darüber dürfte es in zahlreichen Einzelfällen Streit geben, wobei zu berücksichtigen sein wird, dass hier Nachweisprobleme zu Lasten der Dt. Telekom AG gehen dürften. Dann ist zu prüfen, ob dem Beamten ein Dienstposten bei der Konzernzentrale zugewiesen ist. Problematisch sein wird dann die Auslegung der dritten Voraussetzung: „Beschäftigt sein als Beamter“. Legt man dies dahingehend aus, dass der Beamte Aufgaben der Aktiengesellschaft wahrzunehmen hat, wird die Zulagenberechtigung in zahlreichen Fällen entfallen sein. Dies wäre freilich zu kurz gedacht, da gerade in Fällen der Zuweisung nach § 4 PostPersRG nicht der Beamte einer GmbH zugewiesen wird, sondern dem Beamten der AG nur Tätigkeiten in einem Unternehmen zugewiesen werden und dies aufgrund eines seitens der Telekom AG jeweils behaupteten dringenden betrieblichen oder personalwirtschaftlichen Interesse. Schließlich wird das besondere Benachteiligungsverbot in § 5 PostPersRG zu bedenken sein.
Nicht unberücksichtigt lassen darf man allerdings auch, dass für den Fall der Beurlaubung in einem führenden Standardkommentar zu § 42 BBesG unproblematisch von einem Verlust des Anspruchs auf die Stellenzulage ausgegangen wird. Schließlich hat das BVerwG mit Beschluss vom 03.09.2013 — 2 B 53/13 — für einen Beamten des BMVg, welchem eine Tätigkeit bei der BWI Informationstechnik GmbH nach § 123 a Abs. 1 BRRG zugewiesen wurde, entschieden, dass dieser organisationsrechtlich der obersten Bundesbehörde nicht mehr angehört und die Zuweisung einer Tätigkeit bei der privatrechtlich organisierten GmbH die Zulagenberechtigung entfallen lässt. Andererseits ist in Kenntnis der rechtlichen Regelungen die Ministerialzulage bis heute gewährt worden, so dass hier Vertrauen der Beamten entstanden sein könnte, ggf. dürfte auch die Rechtsprechung zu den Folgen eines sog. „Vollzugsdefizits“ zu würdigen sein.
Aus Sicht des Unterzeichners ist also eine Klärung durch das BVerwG unbedingt notwendig, da es noch keinerlei gefestigte Rechtsprechung zu § 10 Abs. 4 PostPersRG gibt! Die Notwendigkeit der revisionsrechtlichen Klärung hat ja auch das OVG Münster bejaht. Die Erfolgsaussichten sind dabei völlig offen!