Weitere Verfahren wegen nicht hinreichender Begründung des Gesamturteils gewonnen
Im Rahmen zahlreicher, von uns betreuter Mandate im Rahmen der Beförderungsrunde 2016 der Deutschen Telekom AG stellt sich heraus, dass die Gerichte sehr deutlich die nicht hinreichende Begründung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung in Konstellationen rügen, in denen im Beurteilungssystem die Notenstufen der Einzelnoten und der Gesamtnote nicht identisch sind.
So hat jüngst das VG Minden mit Beschluss vom 19.01.2017 — 10 L 812/15 - in einem durch unser Büro betreutes Verfahren ausgeführt:
„Einer Begründung des Gesamturteils bedarf es insbesondere dann, wenn sich dieses nicht ohne weiteres aus den Einzelbegründungen herleiten lässt. Dies gilt vor allem, wenn für die Benotung der Einzelmerkmale und die Bildung der Gesamtnote unterschiedliche Beurteilungsskalen vorgesehen sind … Der Antragsteller, der im Gesamtergebnis mit „sehr gut ++“ beurteilt worden ist, ist in sämtlichen 7 Einzelmerkmalen — … — jeweils mit „sehr gut“, d. h. mit der höchsten der zur Bewertung der Einzelmerkmale zur Verfügung stehenden Note, beurteilt worden. Welche Gesichtspunkte ausgehend hiervon für die Bildung der Gesamtnote „sehr gut“ mit dem Ausprägungsgrad „++“ anstatt der Spitzennote „hervorragend“ leitend waren, lässt sich der Begründung des Gesamturteils nicht hinreichend entnehmen.“.
Dieser Fehler haftet nach unserer Kenntnis fast sämtlichen Beurteilungen höherwertig eingesetzter Beamter an.
Besonders interessant ist das Urteil des VG Minden auch deshalb, weil hier erstmalig kritisiert wird, dass die Vergabe der Höchstnote nicht nur nach Wertigkeit des ausgeübten Arbeitspostens vorgenommen werden darf. Dieser Eindruck verstärkt sich nämlich im Laufe der Aufarbeitung der Beförderungsrunde 2016 dahingehend, dass Spitzennoten letztlich nur nach Wertigkeit des wahrgenommenen Arbeitspostens vergeben wurden. Hierzu führt das VG Minden erstmalig mit besonderer Deutlichkeit aus:
„Der Beigeladene hat danach zwar einen Dienst– bzw. Arbeitsposten, der nach den außertariflichen Bewertungen höher eingestuft worden ist, als derjenige des Antragstellers. … Einer entsprechenden Begründung hätte es – insbesondere im Vergleich mit dem Antragsteller – gerade auch deshalb bedurft, weil die Antragsgegnerin von einer beamtenrechtlichen Gleichwertigkeit der beiden betroffenen Dienstposten ausgeht, da diese nach A 16 und B 3 gebündelt sind …“
Dies bedeutet, dass die dienstliche Beurteilung sich auch konkret inhaltlich damit auseinandersetzen muss, aus welchen konkreten Gründen – insbesondere bei einer beamtenrechtlichen Bündelung der Dienstposten – sich aus der Wahrnehmung eines höherwertigen Arbeitspostens im Einzelfall ergibt, dass mit diesem Posten auch eine erhöhte Verantwortung und erhöhte Schwierigkeiten verbunden sind, welche eine bessere Bewertung im Einzelfall rechtfertigen. Uns ist in Kenntnis mehrerer Dutzend Beurteilungen in vergleichbaren Konstellationen nicht bekannt, dass es hier entsprechende Begründungen gibt. Daher ist allen betroffenen Beamten – soweit noch möglich – zu raten, Rechtsmittel in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen einer Erstberatung zeigen wir Ihnen die Möglichkeiten hierzu gerne auf.
In einem weiteren, ebenfalls durch unser Büro betreuten Verfahren hat das VG Düsseldorf mit Urteil vom 10.01.2017 — 10 L 2794/16 - einer Konkurrentenklage im Hinblick auf die Beförderungsliste „TD“ stattgegeben. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf führt aus, dass die über den Antragsteller zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung allgemein gültige Wertmaßstäbe verletze, da sie nicht hinreichend begründet sei. Die besondere Begründungspflicht leitet das VG Düsseldorf völlig korrekt aus zwei Argumenten her:
- eine Begründungspflicht ergebe sich bereits aus der Abweichung der Notenskala der Einzelmerkmale mit der Notenskala des Gesamturteils
- darüber hinaus bestehe eine Begründungspflicht auch aufgrund des deutlich höherwertigen Einsatzes des Antragstellers
Das VG Düsseldorf stellt klar, dass gerade die Kumulation der beiden vorstehend aufgezeigten Aspekte rechtlich zu einer besonderen Notwendigkeit der hinreichenden Begründung des Gesamturteils führe. Das VG Düsseldorf kritisiert in seinem Beschluss dann zu Recht das Fehlen einer substantiierten Begründung; die in der Beurteilung vorzufindende „Leerformel, dass die Höherwertigkeit des Einsatzes des Antragstellers im Vergleich zu seinem Statusamt „Berücksichtigung findet“, sei nicht ausreichend. Auch die weiteren Hinweise auf die Berücksichtigung der Höherwertigkeit bei den Einzelmerkmalen seien keine tragfähige Begründung. In dem entschiedenen Fall waren aufgrund der Höherwertigkeit sämtliche Einzelmerkmale um eine Stufe angehoben worden. Dies, so das VG Düsseldorf zutreffend, sei nicht ausreichend:
„Dieser stereotype Satz stellt keine ausreichende Begründung dar, weil nicht schematisch davon ausgegangen werden kann, dass ein Beamter, der die Aufgaben eines nach A 13 bewerteten Dienstpostens „rundum zufriedenstellend“ und „gut“ erfüllt, die deutlich geringeren Anforderungen seines Statusamtes A 8 lediglich eine Notenstufe besser („gut“ und „sehr gut“) erfüllt; vielmehr muss bei den Einzelmerkmalen … auch eine Anhebung um zwei Stufen auf die Note „sehr gut“ in Betracht gezogen werden.“
Des Weiteren rügt das VG Düsseldorf auch das Fehlen einer hinreichenden Begründung im Übergang vom 5-stufigen Einzelnotensystem zum 6-stufigen Gesamtnotensystem. Das VG Düsseldorf kritisiert hier die lediglich textbausteinartige Begründung des Gesamtergebnisses und führt aus:
„Die Begründung des Gesamtergebnisses der Beurteilung vom 05. April 2016 enthält hierzu jedoch keinerlei Ausführungen, sondern nur die Leerformel „nach Würdigung aller Erkenntnisse wird das oben angegebene Gesamturteil festgesetzt, …“ sowie eine allgemeine, aber nicht einzelfallbezogene Erläuterung zu den unterschiedlichen Notenskalen für die Bewertung der Einzelkriterien und das Gesamturteil.“